Hallo @mrbit1968,
du verwechselst hier mehrere Sachverhalte, insbesondere den Unterschied zwischen der
gesetzlichen Gewährleistungspflicht des Verkäufers, der freiwilligen Garantie des Herstellers
bzw. eine kostenpflichtige Reparatur des Gerätes aufgrund Eigenverschuldens oder einer
bereits abgelaufenen Garantie.
Da bezüglich der beiden erstgenannten Begriffe erfahrungsgemäß meist heillose Verwirrung
herrscht, möchte ich die Gelegenheit nutzen, hier zugunsten aller Community-User einmal
die grundsätzlichen Unterschiede aufzudröseln:
Gesetzliche Gewährleistung
Im BGB wird im Rahmen des Schuldrechts das rechtliche Verhältnis zwischen dem Verkäufer
und dem Käufer einer Ware geregelt. Die gesetzliche Gewährleistungsfrist beträgt 24 Monate,
wobei nach Ablauf der ersten 6 Monate eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Verkäufers
eintritt.
Liegt nach dem Erwerb der Ware ein Sachmangel vor (vulgo "Defekt"), so hat der Verkäufer
diesen nachzubessern. Wie er den Sachmangel nachbessert, bleibt ihm überlassen. Er kann den
vorliegenden Defekt reparieren lassen, oder das Gerät gegen ein funktionierendes Exemplar
gleicher Güte tauschen. Dieses sogenannte Nachbesserungsrecht des Sachmangels kann
seitens des Verkäufers zweimal in Anspruch genommen werden. Beim dritten Vorliegen des
gleichen (!) Sachmangels kann der Käufer eine abschließende Lösung verlangen.
Hier kann der Veräufer nun beispielsweise eine Rücknahme des Gerätes zum Kaufpreis
oder Zeitwert anbieten, alternativ auch eine Minderung des Kaufpreises oder den Umtausch
gegen ein gleich- oder höherwertiges Gerät anbieten.
Wichtig:
Während der Zeit der Nachbesserung des Gerätes wird der Ablauf der gesetzlichen Gewährleistung
gehemmt. War das Gerät also z. B. 2 x 4 Wochen in Reparatur, so verlängert sich die Gewährleistungsfrist
um 24 + 2 auf 26 Monate.
Freiwillige Herstellergarantie
Wie der Name bereits sagt, ist die auf das jeweilige Gerät gewährte Garantie des Herstellers
eine freiwillige Leistung und daher in Art & Umfang nirgendwo gesetzlich geregelt. Maßgeblich
sind hier alleinig die Garantiebedingungen des Geräteherstellers.
Es gibt hier also im Gegensatz zur gesetzlichen Gewährleistung keine Beschränkung der Anzahl
von Nachbesserungen/Reparaturen, noch eine Hemmung des Ablaufes der Garantie. Auch kann
der Hersteller die Dauer der Garantie frei bestimmen. Hierzulande haben zwar die meisten Geräte
analog zur Dauer der gesetzlichen Gewährleistung eine Garantie von 24 Monaten, es gibt jedoch
durchaus einige große Hersteller aus Übersee, die eine Garantie von nur 6 oder 12 Monaten
gewähren.
Ein (überspitztes) Beispiel:
Der PC XY des Herstellers XZ wurde am 01.01.2015 mit einer Garantiedauer von 24 Monaten
erworben. Alle 2 Monate ist die Grafikkarte defekt, alle 5 Monate das Netzteil. Der Hersteller
tauscht während der Garantie also theoretisch 12 Grafikkarten und 4 Netzteile & ggf. weitere
Komponenten. Die Garantie des Gerätes läuft nun am 31.12.2016 ab. Liegt nun am 10.01. 2017
ein weiterer Defekt vor, kann der Hersteller dem Eigner des PCs eine lange Nase zeigen oder
eine kostenpflichtige Reparatur anbieten. Punkt. Die Ansprüche aus der Herstellergarantie enden
mit deren Ablaufdatum.
Natürlich ist dieses Beispiel unrealistisch. Wir würden z.B. dem Kunden schon aus Kostengründen
nach der x-ten Reparatur in Garantie ein anderes Gerät, eine Rücknahme oder ähnliches anbieten,
und nach Ablauf der Garantie gibt es natürlich auch eine gewisse Kulanzfrist.
Es soll nur short & dirty verdeutlichen, wie die jeweiligen Ansprüche realistisch gesehen
wirklich sind, zumal bei den Konsumenten landläufig meist munter gesetzliche Gewährleistung &
Herstellergarantie verwechselt & vermischt werden.
Medion als Hersteller ist also "nur" für die Herstellergarantie verantwortlich, es sei denn, das fragliche
Gerät wurde auch von uns verkauft, z.B. im Onlineshop oder in unserem Outlet in Essen. In diesem Fall sind
wir natürlich sowohl Hersteller und Verkäufer, unterliegen also der gesetzlichen Gewährleistung
und der Herstellergarantie.
Das lassen wir jetzt einmal sacken, danach geht es zum vorliegenden Fall:
Kostenpflichtige Reparatur
Wie oben erläutert, gibt es bei der gesetzlichen Gewährleistung die sog. Hemmung des Ablaufes
der Gewährleistung für die Dauer der Nachbesserung/Reparatur. Diese Hemmung kennt die
Herstellergarantie dagegen nicht, hier enden jedwede Garantieansprüche mit dem Ablaufdatum
der Garantie.
Wird nun an einem Gerät vier Monate nach Ablauf der Herstellergarantie ein Defekt festgestellt,
steht es dem Eigentümer frei, wie & ob er diesen Defekt beheben lässt. Meist wendet er sich an den
Hersteller, der ihm eine kostenpflichtige Reparatur anbieten wird. Um bei unserem obigen
Beispiel mit der Grafikkarte zu bleiben, wird der Hersteller nach Bestätigung & Bezahlung eines
Kostenvoranschlages eine neue Grafikkarte einbauen. Natürlich gilt dann für die neue
Grafikkarte auch die gesetzliche Gewährleistung von 24 Monaten, denn die Grafikkarte wurde ja käuflich
erworben. Dies hat jedoch nichts mit früheren Ansprüchen aus der Herstellergarantie zu tun; es
ist schlicht ein Neukauf eines Gerätes. Zur Verdeutlichung:
Man kann den defekten Rechner nach Garantieablauf statt beim Hersteller ja auch zum PC-Doktor
seiner Wahl bringen. Dieser baut eine neue Grafikkarte ein und stellt mir diese in Rechnung, inkl.
der sich aus dem Kauf ergebenden 24monatigen Gewährleistungsrechte. Nichts anderes ist bei
einer Reparatur beim Hersteller der Fall, wenn dessen Garantiefrist abgelaufen ist.
Mir ist durchaus klar, wie kompliziert die Materie ist, aber ich hoffe mit diesem Beitrag den Nebel
ein wenig gelichtet zu haben. Ich denke, es ist für uns alle von Vorteil, die oben beschriebenen
Unterschiede zwischen gesetzlicher Gewährleistung & Herstellergarantie zu kennen, um seine
Ansprüche richtig einschätzen und durchsetzen zu können... natürlich auch ausserhalb dieser
Community im RL.
Gruß,
Luke
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